Chennai Triathlon

Zu meiner Motivation für das Indoortraining hatte ich mich neben dem Chennai Marathon (10km), der ja verschoben wurde, auch für den Chennai Triathlon angemeldet. Es wurden halbe, 3/4 und ganze Ironmandistanzen angeboten sowie die olympische Distanz. Ich hatte bisher erst Kurzdistanzen absolviert, hatte mich hier aber für olympisch angemeldet. Olympische Distanz heisst 1.5 km schwimmen, 40 km radfahren und 10 km laufen.

Beim Veloshop Just Buy Cycles hatte ich ein Rennrad reserviert, das ich nun am Freitag abholen wollte. Der Verkäufer hatte es aber schon in den Lastwagen verpackt, damit es morgen mit anderen direkt an den Start gebracht werden kann. Er meinte, dass sie eigentlich keine Rennräder vermieten, aber er mir seines gegeben hat. Da er die gleiche Grösse hatte wie ich und mir von seinen Ultra-Rennen (200km etc.) erzählte, war ich guten Mutes. Clickpedalen hatte es leider nicht, aber das werde ich auch überleben.

Viel zu früh wie immer kam ich am Samstag früh beim Startgelände an, die Dunkelheit lag noch über der Gegend. Ich holte meine Startnummer ab und sah zu, wie sie die Boyen in den See legten. Wie gesagt, es war immer noch dunkel, aber das schien die Schwimmer nicht daran zu hindern. Dort, etwas ausserhalb der Stadt, hörte ich die Grillen zirpen, es waren keine Hup- oder andere Verkehrsgeräusche zu hören, es war Natur, so dass ich schon fast sentimental wurde.

Ich hörte den Veranstaltern zu, wie sie diejenigen instruierten, die für den 3/4 und ganzen Ironman starteten. Die Zeitlimite für den ganzen Ironman lag bei langen 19 Stunden für die ca. 20 Männer und 20 Stunden für die 5 Frauen (Vergleich in Europa max. 17 Stunden). Es gab vier Verpflegungsposten pro Velorunde von 90 km, ansonsten gäbe es ja noch viele Shops unterwegs, der Redner gab sogar noch eine Empfehlung. Temperaturen für heute waren kühle 29 Grad, aber 91% Luftfeuchtigkeit. Durch das Unwetter waren nicht nur die Strassen in schlechtem Zustand, auch war überall noch Wasser, was die Luftfeuchtigkeit in die Höhe trieb. Die Zeitmessung war manuell, aber das seien sie sich geübt, das werde seit 17 Jahren so gemacht. Der See war eher klein, daher mussten Runden geschwommen werden. Für die Ironmen hiess das 13 Runden und bei jeder Runde mussten sie den Helfern ihre Startnummer zurufen, damit die Zählung korrekt gemacht werden kann. Es hätte nichts genutzt, die Startnummern auf die Haut zu schreiben, waren doch die meisten dunkelhäutig, ich entdeckte nur zwei Bleiche in der ersten Startgruppe.

Startzeit wäre 6 Uhr gewesen, aber bis die Ansprache durch, alle Fotos geschossen und alle eingeschwommen waren, war es etwa 10 nach 6, aber das war ein Detail. Gemütlich fingen sie dann an, ihre Runden zu schwimmen. Ich fand es spannend!

Langsam kamen immer mehr Teilnehmer der anderen Kategorien, so suchte ich mir auch mein Rennrad und begann mich vorzubereiten. Anders als bei einem Wettkampf in der Schweiz konnte hier das Rad irgendwo hin gestellt werden, man musste es nur wieder finden. Viele kamen mit Mountainbike, eine grosse Vielfalt. Ich konnte kein Toitoi finden und erkundigte mich am Infostand. Die schauten sich fragend an und gaben dann einem Motorradfahrer den Auftrag, mich zum College zu fahren (ca. 1 km) und wieder zurück. Anscheinend gehen alle anderen hinter die Büsche…. an einem Wettkampf?! Ich sehe, da wird nicht viel Sponserfood konsumiert 🙂

Jedenfalls packte ich meine Sachen so, dass ich sie finden konnte und gab meine Tasche ab. Mit allen anderen Taschen wurde sie dann auf eine grosse Plane gelegt. Wenn die dann nur wieder jemand findet. Zum Einwärmen zog ich dann mein eigenes Programm durch, aber bei den Informationen war ich aufmerksam, ich wollte auf keinen Fall den Abzweiger der Radstrecke verpassen! Dank dem kurzen Motorradtrip hatte ich schon mal den ersten Kilometer der Strecke gesehen und korrigierte meine Zeit innerlich etwas nach oben. Es wird nicht einfach sein, den riesigen Schlaglöchern, Schwellen, Kühen, Hunden, Hühnern, Ziegen und Menschen auszuweichen. Aber es sollte ja Spass machen!

Wie immer beim Schwimmen stellte ich mich vorne hin, hier noch mehr als bei anderen Wettkämpfen. Nach 20 Metern war denn auch niemand mehr neben mir zu sehen. Ich genoss die angehme Temperatur, das lange Schwimmen und versuchte, die anderen Schwimmer möglichst wenig zu stören. Das war nicht immer einfach, denn das Wasser war undurchsichtig (um nicht zu sagen dreckig) und die anderen Schwimmer unglaublich langsam und nicht zielorientiert. So gab es für mich halt einige kleinere Umwege. Brav sagte ich meine Startnummer bei jeder Wende, musste dann aber doch noch kurze Überzeugungsarbeit leisten, dass ich wirklich schon 5 Runden hatte, als ich ausstieg. Auf dem kurzen Sprint zur Wechselzone sah ich noch drei meiner Kollegen, sie hatten es gefunden, waren aber in der Zeit nicht sicher (ja, auch wir waren ca. 10 Minuten nach Zeitplan gestartet).

Ich wechselte mein Shirt (ich wollte nicht im TriTop schwimmen in Indien und hatte mir ein enganliegendes Shirt zum Schwimmen gekauft), zog meine Schuhe an und machte mich auf die Suche nach meinem Rad, das ich dank den weissen Griffbändern und schwarzen Bidons identifizieren konnte. Irgendwie bahnte ich mir einen Weg zwischen all den anderen Rädern hindurch, rief den Helfern meine Startnummer zu und setzte mich auf das Rad. Ach ja, es wäre noch gut gewesen, wenn ich vorher mindestens mal einige Meter gefahren wäre, dann hätte ich jetzt vielleicht nicht im höchsten Gang starten müssen. Aber auch das war dann mal geschafft und ich fand meinen Weg zwischen all den bereits erwähnten Hindernissen hindurch. Ich fühlte mich gut.

Nach 15 Minuten kam ich an die Hauptstrasse, die uns in den Süden bringen sollte. Glücklicherweise hatte ich 2 andere Fahrer aufgeholt und mich einer eingeholt, so konnte ich mich den drei Herren anschliessen beim Überqueren der Hauptstrasse. Gleich danach kam eine Mautstelle, wiederum war ich froh, Gesellschaft zu haben. Sie zogen dann aber schnell davon und ich blieb bei meinem Tempo. Manchmal war die Strasse in tadellosem Zustand, zwischendurch kamen wir wieder durch ein Dorf mit mehr Verkehr, aber Rücksicht wurde auf mich nicht genommen. Ich versuchte also, mich durch die Autos, Motorräder und Busse zu schlängeln um möglichst wenig abzusteigen im dichten Verkehr. Ein Motorradfahrer ohne Helm, aber mit Kopfhörern, passte sich meinem Tempo an und meinte, ich müsse vorsichtiger fahren. Ich hatte mir mit einem Bus ein kleines Rennen geliefert, weil der Bus alle paar Hundert Meter wieder angehalten hatte. Vermutlich waren sie nur Velofahrer in dieser Geschwindigkeit nicht gewöhnt. Wie beschrieben, fand ich den Punkt für die Wende, fühlte mich aber doch komisch, “verkehrt” um den Kreisel zu fahren. Nur zwei Männer überholten mich auf der ganzen Velostrecke, da war ich doch etwas stolz. Gegen Ende suchte ich mir mal noch ein “einsames” Plätzchen, da ja nirgends Toiletten waren und es als Frau ja nicht so einfach ist wie für Männer. Gesagt, getan, ich musste nur die irritierten Blicke der wenigen, die mich sahen, ignorieren; für mich gab es in dem Moment wichtigeres!

Ich fand den Parkplatz, der als Wechselzone diente, stellte mein Rad als eines der ersten (der dritte Mann hatte mich nun eingeholt), wechselte das Shirt und rannte gemütlich los. Besonders heute hatte ich Respekt vor der Laufstrecke, die Temperaturen waren mittlerweile schon höher als ich mir beim Laufen gewöhnt bin. Und es wird wohl immer meine schlechteste Disziplin im Triathlon bleiben. Nach ca. 2.5 km kam ein Verpflegungsposten mit Getränken und Essen. Ich gönnte mir 30 Sekunden Pause und rannte dann weiter. Irgendwann merkte ich, dass mein Mobiltelefon nicht mehr in meiner Tasche war. Das war kein gutes Zeichen. Etwas irritiert lief ich einige Meter, kehrte dann aber tapfer zum joggen zurück, immer überlegend, wo ich es denn verloren haben könnte. Nach einer halben Stunde fing dann der Kampf an. Die Sonne brannte, der Wind kühlte nicht und mein Puls war alarmierend hoch. Also wechselte ich immer mal wieder zwischen laufen und joggen, wohl wissend, dass meine Zeit nicht so toll sein würde wie ich gehofft hatte. Kurz nachdem mich ein Läufer überholt hatte, hielt ein Motorradfahrer neben mir. Ob ich denn sicher sei, dass ich auf der richtigen Strecke sei. Ich zuckte mit den Schultern und zeigte auf den Läufer vor mir. Zu dritt sassen wir dann kurz darauf auf dem Motorrad und kamen so auf die Strecke zurück, wir hatten tatsächlich einen Abzweiger in eine kleine Seitenstrasse übersehen. Rudi, der andere Läufer, versuchte mich zu überreden, ihm zu folgen, aber ich wusste, das war eine schlechte Idee. Stattdessen kam ich ca. 2.5 km vor dem Ziel mit Manoj ins Gespräch, er wartete dann am Schluss sogar auf mich und zog mich den letzten, sehr harten Kilometer ins Ziel. Mein Kopf fühlte sich extrem heiss an, zwischendurch spürte ich Schauer am ganzen Körper und ich traute mich gar nicht, meinen Puls anzuschauen. Heute war die Hitze klar gegen mich. Im Ziel wurde ich von meinen drei Kollegen empfangen, das tat gut! Ich erhielt eine Medaille, da ich den Wettkampf innert der Zeitlimite (6 bzw. 7 Stunden) geschafft hatte.

Dann begann das Grübeln um mein Telefon. Ich wusste, dass ich es in meine Gesässtasche gepackt hatte beim Radstart, dann musste ich es auf meiner kleinen Pause verloren haben. Mit drei Helfern suchte ich also den Ort des Geschehens und fand dort doch tatsächlich mein Telefon, immer noch verpackt in eine Plastiktasche mit 500 Rupien. Ich war fast glücklicher als über die Medaille!

 

Danke Bernhard und Navin für die Bilder.

 

Auf die Rangliste warte ich noch, keine Ahnung ob es eine geben wird. Ich hänge sie hier an, wenn ich etwas gefunden habe.

2 Kommentare

  1. Respect!!

    • Peter auf 19. Dezember 2016 bei 21:45

    Gratuliere!!! Ich wäre tot vor Hitze (unter anderem…)

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