Holi in Jodhpur

(24. März 2016)

Endlich, der grosse Tag, wir hatten lange gewartet und so viel gehört, jetzt durften wir es auch erleben. Wir zogen unsere weissen Shirts und alten Hosen an, schmierten uns Kokosöl in die Haare und packten unsere Farbbeutel. Nach dem obligaten Vorher-Foto mit unseren “Waffen” (d.h. 13 Farbbeutel für insgesamt ca. 250 INR (4 CHF)) waren wir bereit und wagten uns vor das Haus. Gähnende Leere erwartete uns. Nach einigen Metern in den engen Gassen trafen wir auf einige Kinder beim Spielen. Wir schauten kurz zu und spazierten weiter, wir hofften auf eine grosse Party vor dem Glockenturm. An einer Kreuzung waren wir und auch die Kinder schon mutiger, es war eine kleine, kurze Schlacht, bis die Wasserballons unserer Gegner ausgingen (daran hatten wir gar nicht gedacht). Die ersten Farbtupfer auf unseren neuen Shirts waren gesetzt.

Beim grossen Platz vor dem Glockenturm waren wir dann ziemlich enttäuscht, da war niemand! Wir posierten für einige Fotos mit imposantem Hintergrund und wünschten einigen vorbeifahrenden Töfffahrern Happy Holi. Das funktioniert so indem die Hand mit Farbpulver über beide Wangen oder auch die Stirn gerieben wird, was entsprechend Spuren hinterlässt. Da wir auch noch klar exotisch (weiss) aussahen, stoppten mehr Fahrer als vermutlich bei anderen.

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Zurück in den Gassen füllten Erwachsene Fässer mit Wasser, um dann später eine Art Pool zu füllen, wo Wasser mit Farbe gemischt wird, für eine Wasserschlacht par excellence. Bei jedem Vorbeigehen bekamen wir etwas aus dem Schlauch ab, wir akzeptierten die Einladung und gingen zum Gegenangriff über, von drei Seiten. Damit hatte er nicht gerechnet.

Raphael begann mit den Jungs die Wasserschlacht, mit kleinen Gefässen standen sie um einen ca. 2 m grossen Wok herum, einige sogar ganz drin und spritzten sich alle gegenseitig mit farbigem Wasser voll. Ich wollte Raphael einmal unterstützen, aber das war eine schlechte Idee, vor allem da ich die einzige Frau war (abgesehen von Claudia, die mit der Kamera daneben stand).

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In der warmen Sonne wollte ich mich etwas aufwärmen (jaja, ich weiss, es war wohl im Schatten schon gute 30 Grad), da hielten die nächsten Töfffahrer an, sie hatten weisses Farbpulver dabei, das sie uns grosszügig verteilten. So nass wie wir waren klebte es überall wunderbar.

Wir hatten es uns etwas anders vorgestellt, mehr Leute, weniger Wasser, nur Farbpulver. Es hatte ja schon etwas gedauert, bis wir es schafften, das Pulver so zu werfen, dass es schön stob. An jeder Kreuzung hatte sich eine Gruppe versammelt, zwischen 5 und 30 Personen standen jeweils da und amüsierten sich. Auf dem grossen Platz beim Glockenturm blieb die grosse Masse aus, auch die Einheimischen konnten es sich nicht erklären, wo alle waren. Zwischendurch sahen wir immer mal wieder Touristen, wir waren nicht die einzigen.

Auf unserem Spaziergang durch die Gassen entdeckten wir eine Gruppe tanzender Männer, die sich zu lauter Musik bewegten. Weit und breit kein Wasser. Genau das hatten wir gesucht. Wir gesellten uns dazu, wünschten Happy Holi und tanzten zu indischer und westlicher Musik. Es gefiel mir sehr gut, nur dass es keine Frauen und wenig Touristen gab, dafür mehr Inder auf kleiner Fläche. Dazu kam wieder, dass die Inder gerne mit allen in einem Kreis tanzten. Da Claudia mehrheitlich mit der Kamera etwas ausserhalb stand und ich eher am tanzen war, hatte ich mehr Aufmerksamkeit, als mir lieb war. So verliessen Navin und ich diese Gruppe nach einiger Zeit, wir hatten beide genug Farbe am Körper und vermutlich auch noch drin.

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Nach einer halben Stunde duschen (die Shirts wanderten direkt in den Abfall) und einer kurzen Runde Badezimmer schrubben sah alles wieder einigermassen aus. Meine linke Hand war weiterhin grünlich und die Ohren und Nase brauchten wohl auch noch einige Tage, bis alle Farbe wieder draussen war.

Raphael und Claudia kamen ebenfalls zurück, wir stürzten uns hungrig auf das Mittagessen auf der Dachterasse und gönnten uns dann einige Stunden Ruhe, ohne Farbe und Musik.

Vor dem Abendessen sprachen wir mit der Gastgeberin in der Unterkunft. Wegen eines Todesfalls in der Familie hatten sie nicht auf dem Vorplatz vor der Herberge gespielt, sonst wäre dieser Platz wohl auch sehr gut besucht gewesen.

 

Später habe ich gelesen, dass Holi auch als Tag der Gleichheit zwischen Mann und Frau gefeiert wird (stand im Flugmagazin von SpiceJet). In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Frauen (mindestens hier) gar nicht auf die Strasse wagen und zu Hause im kleinen Kreis feierten, kam mir das ziemlich unglaubwürdig vor. Aber Jodhpur ist auch eine kleine Stadt, vielleicht ist es in Grossstädten anders?! Vielleicht im nächsten Jahr…….

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