SpeedTrust, Yoga, Kochen und vieles mehr

Nach dem Urlaub stand eine strengere Woche an, an einem Abend blieb ich bis 9 Uhr im Büro für ein Projekt. Der Fahrer wartete noch zum Glück, mein Team hatte keine Freude an meiner Aussage, dass ich auch laufen könnte, mittlerweile kenne ich ja den Weg. Den Temperaturen wegen war ich aber froh um den Fahrer, es ist auch nachts noch 27 Grad. Wegen der Luftfeuchtigkeit fühlt es sich aber immer um mindestens 3 Grad wärmer an. Und die heissen Temperaturen stehen erst noch an, der Sommer hat erst angefangen….

Am Freitag gönnte ich mir einen freien Nachmittag, ich wollte Alexia ins Slum begleiten. Der Uber-Fahrer sprach kein Englisch und sein GPS Gerät ging nicht, aber wir schafften es irgendwie und erreichten den Treffpunkt. Alexia zeigte mir die Krippe, wo die Kinder bald Mittagessen erhalten sollten und den Verkaufsladen, wo die Taschen, die von den Frauen im Slum geknüpft wurden, verkauft wurden. Ich war über die Qualität der Taschen überrascht, sie sahen wirklich gut aus.

Mit allen Helfern assen wir am Boden sitzend zu Mittag, es gab Reis und Frittiertes. Danach begleiteten wir Camille auf ihrem Rundgang. Camille ist eine Freiwillige aus Frankreich, die mit einer wohltätigen Organisation für 1 Jahr in Chennai als Krankenschwester tätig ist. Sie hilft bei allem was so anfällt, betreut aber vor allem die Kranken im Slum. Ich hatte sie beim Rugby bereits kennengelernt. Heute sah ich sie beim Sortieren der Medikamente. Viele wurden von Touristen dagelassen, die verteilt sie bei Bedarf gratis an die Slumbewohner. Auf dem Weg zu einer Patientin wurden wir in eine andere Hütte gerufen, auch diese Patientin fühlte sich nicht wohl, Verdacht auf Diabetes. Das ist eine der häufigsten Krankheiten hier, durch den vielen stark gesüssten Tee in Indien. Bei der zweiten Patientin sassen wir (Camille, eine Übersetzerin, Alexia und ich) in der Hütte am Boden, die Tochter der Patientin, die durch einen Unfall ihre Beine verloren hatte, sass auf dem Bett, die Mutter am Boden. Sie hatte heute Morgen ihre Diabetesmedikamente nicht genommen, Camille war entsprechend unzufrieden. Die Tochter plauderte währenddessen mit uns über alles Mögliche.

Der Weg zu Fuss zurück im Slum war brütend heiss. Ich traute mich nicht, ein Foto zu machen, wir fielen als Weisse schon genügend auf, immer mal wieder schüttelte mir jemand lächelnd die Hand. In den ca. 7 Quadratmeter grossen Hütten, die manchmal eher Unterständen ähnlich sahen, wohnte jeweils eine Familie, zum Teil noch mit Grosseltern. Strom war vorhanden, entsprechend gab es einen Ventilator und einen Fernseher. Gekocht wurde mit Gas, Wasser war ausserhalb der Hütten zu holen. Die Einrichtung war karg, wer ein Bett hatte, hatte bereits viel. Hier auf kleinster Fläche leben 18‘000 Menschen, die sich das wenige Geld mit Rikscha fahren und putzen verdienen. Der Monatslohn für eine Familie hier ist INR 6000 (ca. CHF 90).

Am späteren Nachmittag kamen die Kinder aus der Schule zurück und wir halfen den Kleinsten bei den Aufgaben. Sie mussten Englische Wörter lernen und Tamil schreiben. Wir schauten, dass sie sich konzentrierten und versuchten das Resultat so gut wie möglich zu überprüfen.

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Die französische Organisation namens SpeedTrust unterstützt mit Hilfe von Association Happy Kids aus der Schweiz Kinder aus dem Slum. Für CHF 350.- pro Jahr kann einem Kind so Schulbildung ermöglicht werden. Es werden Langzeit-Partnerschaften unterstützt, so dass das Kind die gesamte Schulzeit von 10 Jahren absolvieren kann. Die Familien werden sorgfältig ausgewählt und müssen das Kind unterstützen, d.h. es kann dann nicht auf die jüngeren Kinder aufpassen, sondern geht täglich in die Schule und macht die Hausaufgaben. Dies wird regelmässig überprüft. Wenn das Kind dann erfolgreich ist, kann es die gesamte Familie aus dem Slum holen und in anderen/besseren Umständen leben.

Falls jemand interessiert ist, hier die Links zu beiden Organisationen:

http://speedtrustindia.com/fr/soutien-a-la-scolarite.html

http://association-happykids.org/happykidseng/index.php

Ich werde diese Organisation unterstützen, für mich hat es ja jetzt auch noch eine persönliche Note. Wer dies auch machen will, hat meine Unterstützung. Wenn jemand nach Chennai kommen will und sich selber ein Bild vor Ort machen will, ist jeder herzlich willkommen. Ich bin ja auch immer mal wieder da 😉

Zum Abschluss des Tages hatte ich Schokolade für alle mitgebracht, bevor wir uns wieder ins Auto setzten und zurück nach Hause fuhren. Ich freute mich auf klimatisierte Räume.

Für den nächsten Morgen hatte Alexia eine Yogastunde für uns alle organisiert. Wir lernten Ohm, den Urlaut und ersten Buchstaben bei jedem Hindugebet, zu singen, lernten den Sonnengruss und andere anstrengende (Kraft-/Dehn-)Übungen und entspannten uns am Schluss zu ruhiger Musik. Ich war nicht die einzige, die dabei einschlief. Für die nächsten zwei Tage waren unsere Muskeln (an unterschiedlichen Stellen) schwerer und träger, aber es hatte allen gefallen.

IMG_6635Am Sonntag wollten wir endlich mal die Metro ausprobieren, die direkt vor unserem Hotel hielt. Unser Ausländerbonus galt auch hier, sofort kam ein Mitarbeiter und half uns die Tickets zu lösen. Die Metro hatte erst vor ca. 8 Monaten geöffnet, entsprechend war sie auch noch nicht so gut besucht wie z.B. Busse auf der Strasse, die überquollen. Wir genossen die kurze Fahrt nach Koyambedu mit Blick von oben auf die Quartiere. Am Ziel angekommen quetschten wir uns zu viert in eine Rikscha zum Blumenmarkt. In einer nicIMG_6647ht klimatisierten Halle waren unzählige Menschen, Verkäufer priesen lautstark ihre Blumen an, die sie in Kübeln aufbewahrten. Die meisten Blumen (vor allem Jasmin und Rosen) waren ohne Stiel, die wurden für Kränze und zum Beten verwendet. Wir erregten auch hier Aufmerksamkeit und bekamen einige Blumen geschenkt, andere wollten mit uns Fotos machen (oder dass wir von ihnen Fotos machen). Uns setzte die Hitze bald mal zu, so dass wir den Rückweg antreten mussten.

 

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Ich genoss einen ruhigen Nachmittag am Pool mit lesen, das muss auch mal sein!

IMG_6703Am Abend hatten wir dann Anschauungsunterricht mit Pawan, dem Sous Chef im Hilton. Er zeigte uns, wie ein Curry gekocht wird. Wir wurden mit Kochschürzen und –hüten ausgestattet und sahen ihm in der Schauküche im Restaurant zu, einige von uns machten fleissig Notizen. Wer sich jetzt Hoffnungen macht, den muss ich enttäuschen, ich habe immer noch nichts gelernt 😛 Unser Essen schmeckte lecker, wie eigentlich immer im Hilton.

 

Neben all den vielen Aktivitäten arbeiten wir selbstverständlich noch und das Projekt macht gute Fortschritte. Leider musste ich diese Woche einen weiteren Rückschritt verkraften, die dritte Person hat gekündigt. Nach dem die erste (die ganz spontan noch zusätzlich eingestellt wurde) einfach nicht mehr zur Arbeit erschien und die zweite uns mitteilte, dass sie verheiratet wird, hatte die dritte gesundheitliche Beschwerden, die ihr den Arbeitsweg und –tag erschwerten. Eine weitere ist seit über zwei Wochen wegen einer Gallensteinoperation abwesend und meldet sich nicht, die anderen beiden in meinem Team arbeiten fleissig. Ich muss jetzt über die Bücher und schauen, wie wir in den nächsten Monaten weitermachen werden.

Nächste Woche ist Tamil New Year, daher waren diesen Freitag schon Gruppenevents angesagt. Wer kreativ begabt war, brachte seine eigenen Utensilien mit und begann den Boden in der Kantine zu dekorieren. Das Resultat war sehr schön!

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Am folgenden Wochenende fand der Teamausflug mit dem CES Team statt, die uns mit allem anderen ausser Steuerfachwissen unterstützen. In einem Bus mit lauter Musik fuhren wir in ein Resort am Strand, wo wir erst mal einige Spiele machten, was für uns nicht immer einfach war mit dem schnellen Englisch. Nach dem Mittagessen durfte ich endlich ins Wasser. Vom Team konnte ich nur zwei ins Meer überreden, die meisten können nicht schwimmen und/oder hatten keine passende Bekleidung (bzw. was zieht eine indische Frau im Wasser an?). Ich genoss die Erfrischung sehr! Wir plauderten am Strand, genossen Tee und Biskuits, bevor es dann (um einiges ruhiger als am Morgen) zurück nach Hause ging.

Es hatte sich herumgesprochen, dass Damien gerne rennt, daher wurden wir auch über den Jubiläumslauf am Sonntag 10. April am Marina Beach informiert. Nach einigem Hin und Her entschied ich mich ihn zu begleiten und so starteten wir um 6 Uhr bei Sonnenaufgang (und 29 Grad) zu einer 5 km kurzen Runde. Die Organisation war schlecht, der Diplomatic Security Service hatte wohl mit weniger als 100 Läufern und vor allem mit langsameren gerechnet. Als Damien als Führender den Umkehrpunkt erreichte, war noch niemand bereit, so dass er ihn übersah und einfach weiterrannte. Ich war sehr erstaunt, als ich (in der Top10) das Ziel erreichte und ihn nicht antraf. Er war dann nach 5 km umgekehrt und den ganzen Weg wieder zurückgerannt. Als einer der letzten, aber mit doppelter Distanz in den Beinen erreichte er das Ziel. Als Verpflegung gab es Vegiburger von McDonalds für alle, bzw. für alle die nicht so schnell waren, dass sie vor dem Lieferjungen im Ziel waren oder so langsam, dass das Essen bereits an Läufer, Polizisten und wer sonst noch da stand verteilt wurde. Morgen werden meine Beine zwar schmerzen, aber der Sonnenaufgang am Strand (der leider auch hier überfüllt und dreckig war) und die Bewegung waren es wert!

Den Rest des Tages genoss ich ruhig, am Pool, mit einem Spaziergang durch die Nachbarschaft und einer weiteren Kochlektion mit Sous Chef Pawan.

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